Traditionelle Kultur­landschaft

Viele Landstriche Mitteleuropas sind seit Jahrhunderten von Streuobstwiesen geprägt. Ihren Ursprung als Bewirtschaftungsform haben sie in der Besiedelung durch die Römer. Sie brachten erste Zuchtformen von Obstbäumen mit. In Persien, Indien, Ägypten und Griechenland wurde damals bereits seit einiger Zeit Obstbau betrieben. Nach dem Untergang des römischen Reiches ging viel Wissen verloren, und auch viele Obstgärten wurden zerstört.

Erste Meilensteine für die Obstkultur

Karl der Große hatte vor allem die Versorgung der Menschen im Frankenreich im Sinn. In seiner „Verordnung über die Krongüter“ regelte er, welche Bäume auf den Höfen gepflanzt werden mussten. Darunter waren vor allem Obstbäume, Nussbäume sowie Kastanien und Maulbeerbäume. Von dieser Zeit zeugen heute noch manche Ortsnamen wie Birnbach, Nussdorf oder Apfelstetten. Auch Benedikt von Nursia war an der autarken Versorgung der Klöster des von ihm gegründeten Benediktinerordens gelegen. Alle dafür erforderlichen Güter sollten innerhalb der Klostermauern liegen. So wurde an den Klosterschulen bald auch Obstbau gelehrt und der rege Austausch unter den Klöstern Europas machte sie zu Wissenszentren über Sorten, Pflege und Verarbeitung von Streuobst. Noch heute erkennt man das an Sorten wie der Klosterbirne, dem Mönchsapfel oder der Pfaffenbirne.

Beginnende Massenproduktion im Mittelalter

Als im Mittelalter die Städte wuchsen, mussten Hausgärten innerhalb der Stadtmauern oftmals dem erforderlichen Wohnraum weichen und wurden vor der Stadt neu angelegt. Oft war der Obstbau vom Zehnt befreit, so dass er auch für die Bauern attraktiv wurde. So wurde Obst ab dem 15. Jahrhundert nicht mehr nur zur Selbstversorgung angebaut, sondern die Massenproduktion von Dörrobst, Obstmus oder Most machte die Bäume zunehmend rentabel.

Pflicht zum Obstbaum-Pflanzen

Zwar vernichtete der 30-jährige Krieg viele Obstgärten, dennoch brachte er den Durchbruch der Streuobstwiesen als Wirtschaftsform. Um die Ernährungssituation zu verbessern, wurden Bürger vielerorts zur Mithilfe aufgerufen. So mussten jedes neu vermählte Paar und jeder zugezogene Bürger einen Obstbaum pflanzen und zwar auf einer frei zugänglichen Allmendefläche, an einem Weg oder einer Straße. Dadurch entstanden großflächige Streuobstwiesen, die für jedermann zugänglich waren. Um die Pflege und Organisation dieser Bäume zu gewährleisten, entstanden erste Baumschulen, in denen auch das Pfropfen, Schneiden und Pflanzen von Bäumen gelehrt wurde. Ab dem 19. Jahrhundert kamen für diese Zwecke extra ausgebildete Baumwarte hinzu.

Blütezeit der Pomologen

Die Wissenschaft der unterschiedlichen Obstsorten heißt Pomologie. Sie geht auf das erste Lexikon zurück, das die damals beliebtesten Sorten beschrieb – die „Pomologia“ von Johann Hermann Knoop. Nach und nach erschienen mehr Fachbücher über die Sortenwahl und Pflege. Es entstanden Gartenbauschulen, Pomologenvereine und Obstausstellungen. Streuobstwiesen erstreckten sich auch vielerorts um Dörfer, Weiler und einzelne Höfe und wurden ein wichtiger Bestandteil der Eigenversorgung bzw. eine gute Zuverdienstmöglichkeit der Bauern.

Niedergang nach dem Weltkrieg

Nach dem zweiten Weltkrieg waren auch viele Streuobstflächen zerstört. Gleichzeitig nahm die Bevölkerungszahl stark zu und viele Landwirte wandelten Streuobstflächen in intensiver zu bewirtschaftende Felder, mitunter auch in profitablere Obstplantagen um. Hinzu kam, dass Obst mehr und mehr auch importiert wurde, mitunter zu günstigeren Preisen als heimisches. So verschwanden nach und nach die traditionellen Streuobstwiesen. Mittlerweile ist der Bestand in Deutschland von etwa 1,5 Millionen Hektar um 1950 auf rund 300.000 Hektar gesunken.

Wiederentdeckung im 21. Jahrhundert

Trotz des reichen und günstigen Obstangebots im Supermarkt kehrt inzwischen das Bewusstsein für die Streuobstwiesen zurück. Menschen erkennen wieder ihren Wert und auch viele Landwirte entdecken sie in jüngster Zeit wieder, obwohl sie deutlich arbeitsintensiver sind. Aber unbestreitbar ist eben auch, dass das Obst von Streuobstwiesen werthaltiger ist und besser schmeckt als das von Plantagen.

Quelle: www.baumpflegeportal.de

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