Herbst auf der Streuobstwiese:
Endlich Erntezeit!

Mit dem Ausfärben der Äpfel kündigt sich der baldige Herbst an. In guten Jahren können die unteren Äste der Bäume bereits einige Wochen vor der Reife bis zum Boden hängen. Nicht selten geben einzelne nach und brechen unter ihrer Last. Es wird Zeit, den Obstgarten für die kommende Ernte vorzubereiten. Das Mähen der Wiese macht reinen Tisch unter den Bäumen und erleichtert das Auflesen der Früchte.

Kurz vor der Reife hängen die Früchte nicht mehr allzu fest am Baum. Oft schüttelt ein Gewitter im Spätsommer einen Teil der Äpfel vorzeitig vom Baum und zu eng hängende Früchte drücken sich gegenseitig ab. Auch verletzte Früchte lässt der Baum in dieser Zeit bevorzugt fallen. Bei den Erntevorbereitungen wird dieser Vorernte-Fruchtfall daher zusammengerecht und entfernt. Nur unversehrte und vollreife Früchte sollen später in den Saftgelangen.

Jede Sorte hat ihre Zeit

Anfang September kann die Ernte endlich beginnen. Dabei dürfen die Früchte jedoch keineswegs wahllos
gesammelt werden. Jede Sorte hat ihren eigenen individuellen Reifezeitpunkt, der sich je nach Lage und Jahreswitterung verschieben kann. Manche Sorten können noch einige Tage am Boden nachreifen, während andere sofort vom Feld müssen. Um den rechten Zeitpunkt für die Verarbeitung zu bestimmen, braucht es daher eine gute Sortenkenntnis und viel Erfahrung.

Längst gibt es auch Maschinen, die Mostobst auflesen können. Der Einsatz lohnt sich allerdings nur auf großen und einheitlich bestandenen Flächen. So ist das Zusammenklauben der Äpfel auf den bunten Obstwiesen auch heute noch überwiegend Handarbeit. Viele Hände stellen sicher, dass die Arbeit zur rechten Zeit bewältigt werden kann. Zur Erntezeit kehren daher oft auch Familienmitglieder, die einen anderen Beruf ausüben, tageweise wieder zurück auf den elterlichen Hof.

Handverlesene Früchte

Das händische Sammeln erscheint zwar mühsam, hat aber seine Vorteile: Die Früchte sind im besten Sinne des Wortes handverlesen. Kenner wissen: Bereits ein fauler Apfel verdirbt den Saft. Je öfter die Früchte kritisch in die Hand genommen werden, desto besser wird das Endprodukt

Durch den allgemeinen Rückgang der Streuobstflächen sind in den vergangenen Jahrzehnten viele spezielle Kenntnisse verloren gegangen. Erst seit einigen Jahren hat man wieder erkannt, dass ein breites Fachwissen erforderlich ist, um eine Obstwiese anzulegen und produktiv zu bewirtschaften.

Drei Generationen der Familie Augenthaler helfen bei der Arbeit im Obstgarten zusammen. Auf diese Weise wird das Wissen um Pflege und Wert der verschiedenen Obstsorten nahtlos an die nächste Generation weitergegeben. Für den Transport der Äpfel von der Wiese zum Hof verwenden die Augenthalers eine selbstfahrende Mulde. Das eigenhändig konstruierte Gefährt ist äußerst wendig und bewegt sich mühelos zwischen den Bäumen hindurch. Durch sein geringes Gewicht schont es Boden und Baumwurzeln.

Große Liebe und Hingabe

Während Obst heute überwiegend in einheitlichen Plantagen angebaut wird, erhalten viele Landwirte in Niederbayern mit großer Hingabe ihre kleinen und bunten Streuobstwiesen. Davon profitiert nicht nur die Natur, auch für die Qualität des Apfelsaftes ist die extensive bäuerliche Erzeugung ein Gewinn. An den großen Hochstämmen werden die Äpfel nicht vorzeitig gepflückt oder geschüttelt, sondern bleiben am Baum, bis sie von
selbst fallen. Auf diese Weise gelangen nur bestens ausgereifte Früchte in den Saft.

Apfelsorten aus fünf Jahrhunderten

Auf den bayrischen Obstwiesen wachsen Apfelsorten aus wenigstens fünf Jahrhunderten. Viele haben einen
derart charakteristischen Geschmack, dass man sie blind erkennen kann. Durch die große Vielfalt verschiedener
Apfelsorten entsteht ein besonders vollmundiger und kräftiger Apfelsaft, der weit mehr Aromen entfaltet, als die eher einheitlichen Plantagensorten hergeben.

Winterrambur

Eine der ältesten und bedeutendsten Apfelsorten auf den niederbayrischen Obstwiesen ist der Winterrambur. Schon seit Ende des 16. Jahrhunderts wird die urwüchsige Sorte geschätzt. Äpfel des Winterramburs sind schwer und haben ein festes grünliches Fruchtfleisch. Der Saft ist süß-aromatisch mit hohem Zuckergehalt, sehr gehaltvoll, mit einer sortentypischen zimtartigen Würze. In der Landschaft erkennt man die Bäume oft schon an
ihrer mächtigen, schirmartig überhängenden Krone.

Wiltshire

Die Äpfel der Sorte Wiltshire hängen oft bis zum Frost am Baum. Vollreife Früchte haben ein herrlich knackiges
Fruchtfleisch mit einem frisch-fruchtigem Aroma. Die Früchte sind zudem besonders saftreich und daher
geschätzte Mostäpfel. Der Wiltshire stammt ursprünglich aus der gleichnamigen Grafschaft in England. Die Bäume benötigen zwar mehr Pflege als andere Sorten, dafür liefern sie auf den niederschlagsreichen mittleren
Höhenlagen im bayerischen Süden besonders gute Fruchtqualitäten.

Brettacher

Auf den tiefgründigen Böden entlang der Rott und des Inns fühlt sich der Brettacher wohl. Hier wachsen die Bäume zu reichtragenden Baumriesen heran. Der Saft des Brettachers ist säuerlich fruchtig und hat je nach Jahreswitterung eine kräuterartig herbe Note. Die festfleischigen Früchte sind außerdem sehr gut haltbar. Daher werden die schönsten meist für den Winter eingelagert.

Boskoop

Ein roter Boskoop findet sich in fast jedem bayrischen Obstgarten. Nur wenige Sorten vereinen in ähnlicher
Weise Robustheit und herausragende Fruchtqualitäten. Die leicht herb-aromatische Säure des Boskoops ist
unverkennbar, gleichzeitig enthalten die Früchte mehr Zucker als viele andere Sorten. Dem Saft verleiht der
Boskoop eine lang-anhaltende frisch säuerliche Note, die besonders als Schorle zum Tragen kommt.

Mehr erfahren über unsere Obst- und Gemüsebauern